Kraków die Quelle meiner besseren Hälfte ist mittlerweile mein regelmässige Ziel von kürzeren und längeren Besuchen. Auch wenn es viele WienerInnen nicht so wahrnehmen – willkommen „Eiserner Vorhang“ im Kopf – liegt Krakow strassenkilometermässig näher bei Wien als Innsbruck.
Ekstraklasa in Kraków
Kraków ist gleich mit zwei Teams in der Ekstraklasa, der obersten polnischen Liga vertreten. Wisła Kraków und KS Cracovia sind intensive Stadt-Rivalen inklusive der zugehörigen Fan-Animositäten. Verschieden Stadt-Teile „gehören“ den einzelnen Fan-Gruppierungen was sich in auch gerne in farbenfrohen Graffitis in den jeweiligen Stadtteilen manifestiert. Besonders pikant ist die Situation dass deren Heim-Stadien nicht mehr als 1000m voneinander entfernt sind.
Karta Kibica – Big Brother is watching me
Ein Cracovia Spiel war 2010 mein erster Kontakt mit polnischem Fussball, also war diesmal Wisła Kraków fairerweise dran. Wie bei jedem anderen Team der Ekstraklasa ist das Ausstellen der sogenannten Karta Kibica, der polnischen Fan-Karte, Voraussetzung dafür Tickets zu kaufen. Das geht auch problemlos für Nicht-Polen wie mich. 5 Jahre Unterschied waren spürbar, denn 2010 bei Cracovia gabs das Formular dafür nur auf polnisch. Heutzutage gibts das auch auf Englisch und online zum Vorab-Ausdrucken. Die Registrierung wird von freundlichen jungen Damen und Herrn im Bauch des Henryk-Reyman-Stadions, der Heimstätte von Wisła, recht schnell abgeschlossen. Dann noch ein schnelles Foto und schon war ich kein unbeschriebenes Blatt für den polnischen Fussball-Big Brother mehr.
Mit der Karta Kibica konnte ich dann problemlos bei den Kassen des Stadions Karten für das Match von Wisła Kraków gegen Lech Poznań erstehen. Obwohl nominell ein Spitzenmatch – ist doch Lech Poznań regierender polnischer Meister und Red Bull Salzburg aus der EL-Saison 2010/2011 in unliebsamer Erinnerung – war die Schlange kurz und die Menge an Tickets gross. Ich sicherte mir problemlos ein Ticket. Ich konnte mir sogar den Platz so aussuchen dass ich neben L., Schulfreund meiner Freundin und Wisła Fan, sitzen konnte. Lokale Fussballfachbetreuung war damit auch gesichert. Die Ticketpreise sind auch überaus freundlich, 55 Zloty also ca 11,5 Euro für Sitze auf der Längsseite belasten die Geldbörse nicht allzusehr.
Game Day
Nach all den Fussball-Formalitäten war es endlich soweit: Game Day. Wisła Krakóws Stadion liegt im Westen von Krakau etwas ausserhalb der Innenstadt aber immer noch gut erreichbar. Wenn auch der öffentliche Verkehr nicht unbedingt die Stärke Krakaus ist, ist das aufgrund der chronisch schlechten Parkplatz-Situation und der hohen Stau-Anfälligkeit die beste Alternative. Aus der Innenstadt ist das Stadion auch per Fuss gut erreichbar. So halten es auch die Wisła-Fans, wenn auch manche eher unorthodoxe Beförderungsmittel bevorzugen. Vor dem Stadion war dann schon einiges los. Viele polnische Fans versorgten sich vor dem Match nicht nur kurzfristig mit Karten, sondern auch mit der einen oder anderen polnischen Spezialität vom Grill. Ausserdem gibt es ähnlich wie in Hütteldorf ein Fan-Dorf. Dort ging es dann nicht nur kulinarisch noch mehr ab. Gut aufgewärmt ging es dann ab ins Stadion. Beim Groundhopping gehe ich gern früher als normal ins Stadion um den Aufbau der Atmosphäre von Anfang an mitzukommen. Leider füllte sich das Stadion zur zur Hälfte. Einerseits waren Gästefans aus Poznań ausgeschlossen – auch hier war Pyrotechnik der Auslöser dafür – andererseits waren wohl einigen Heim-Fans die Temperaturen zu hoch. Eine gewisse sportlicher Krise von Wisła dürfte hier auch nicht helfen Besucherzahlen zu erhöhen.
Gering an Zahl – hoch an Dezibel
Auch wenn das Haus nicht voll war – schon von Beginn an, traditionell mit der polnischen Hymne gefolgt vom Wisła-Lied – die Heim-Fans machten das halbleere Stadion mit ihrer Lautstärke mehr als vergessen. Nicht zur Beginn des Spieles, der Pegel blieb die ganzen 90 min hoch.
Fazit Stimmung hoch – Niveau – mittel
Weniger hoch war das Niveau der Party. Ehrlich gesagt hatte ich mir etwas mehr erwartet. Auf beiden Seiten reagierten konservative Taktik und eher mittleres Tempo. Aussenverteidiger blieben auf defensive Aufgaben beschränkt, modernes Flügelspiel war daher nicht auf der Tagesordnung. Vergleiche sind immer schwer, aber das Match hätte ich in der Bundesliga im Mittelfeld angesiedelt. Vorteil daran war, dass ich mich mehr der Atmosphäre und der Stadion-Kulinarik widmen konnte, ohne Angst zu haben Höhepunkte zu verpassen
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