Das österreichische Zivildienstmärchen

„Es war einmal … “  so fangen gerne Märchen an. „Zivildienst in Österreich – die einzige Möglichkeit in Österreich soziale Dienstleistungen zu erbringen“ –  ist das gar ein Märchen oder eine Lügenstory wie sie Baron Münchhausen gerne erzählt hat?

Zur Zeit ist wiedermal das Thema Wehrpflicht vs. Berufsheer in Österreich in der Diskussion. Warum? Weil Österreichs Regierung zur Abwechslung wiedermal beweist dass sie keine Eier hat. Statt eine fundierte Entscheidung zu treffen, wird einfach das Volk befragt. Gut gemacht.
Ok ist nun mal so, dann würd ich mich als Teil des befragten Volk dann doch drüber freuen im Vorfeld Infos zum „Wie es funktioniert“, „Wer es kontrolliert“ und last but not least „Was kostet es uns?“ freuen.

Nicht in Österreich

Aber da wir ja in Österreich sind, bekommen wir stattdessen wiedermal eine Alibi-Diskussion über den Wegfall des Zivildienstes und des Katastrophenschutzes durch das Heer im Fall eines Berufsheeres. Und was mich als Staatsbürger und ehemaliger Zivildiener am meisten ärgert – die Unehrlichkeit mit der in Österreich jahrzehntelang hantiert wird.
Sozialdienst/Katastrophenschutz geil aber geizig.
Warum jetzt alle händeringend den Wegfall des Zivildienstes und des Katastrophenschutzes beklagen und mit damit die Wehrpflicht retten wollen?
Weil wir zwar alle miteinander im Fall des Falles als Pflegefall den Hintern ausgewischt bekommen möchte oder im Hochwasserfall gerne jemanden habe der mir mit Sandsäcken meine Thujenhecken rettet – aber genügend zahlen, das wollen wir alle scheinbar alle miteinander nicht.
Spontan fallen mir da frei einfache Lösungen ein (weil nur jammern bringt nix)

Einfache Lösung – Bundesheer

Bekennen wir uns klar zur Landesverteidigung des Staates und führen ein effizientes, demokratisch streng kontrolliertes Bundesheer pur als Berufsheer ein. Kopieren wir die funktionierenden Teile der Modelle anderer europäischer Staaten, machen wir das Heer eine attraktive berufliche Alternative für alle soziale Schichten.

Katastrophenschutz und so Sinnlosigkeiten wie jahrzehntelanges Übernehmen von Grenzschutz/Polizeiaktionen im Burgenland zwecks innenpolitischem Showeffekt ist nicht mehr Einsatzgebiet des Heeres. Kommandostrukturen und Systemerhaltung muss reduziert und schlanker werden.

Einfache Lösung – Katastrophenschutz

Dafür wird entweder das bestehende System der Freiwilligen Feuerwehren (FF) besser ausgebaut bzw. mehr vom Staat unterstützt. Dies kann durch Finanzierung des Aufbaus von Katastrophenschutz Know-Hows und entsprechenden Ausrüstungspools aber auch durch Massnahmen wie z.B. steuerliche Erleichterungen für aktive Mitglieder der FF sowie finanzielle Ausgleich der Arbeitgeber von Mitgliedern der FF wenn diese für Einsätze freigestellt werden.

Einfache Lösung – soziale Dienste

Soziale Dienstleistungen egal welcher Form sind wichtig und werden noch wichtiger werden (Stichwort Überalterung der Bevölkerung). Dementsprechend müssen die Erbringer dieser Dienstleistungen auch bezahlt werden. Statt zwangsverpflichtete Jugendliche für eine witzhafte Entlohnung diese wichtigen Leistungen erbringen  zu lassen werden daraus ordentliche Jobs mit ordentlicher Bezahlung, vernünftigen Arbeitszeiten und entsprechenden Ausbildungs/Karrieremöglichkeiten gemacht.

Parallel dazu muss auch am Image der sozialen Dienstleistungen gearbeitet werden – uns muss allen klar  gemacht werden wie wichtig diese heutzutage ungeliebten Arbeiten für uns als Gesellschaft sind.

Ein „Freiwilliges Sozialen Jahres“ finde ich gut mal zur Abwechslung was Solidarisches zu tun Dies sollte aber nur unter folgenden Voraussetzungen angeboten werden:

  • totale Freiwilligkeit
  • offen für jedes Geschlecht und Alter
  • Angemessene finanzielle Abgeltung: Diese sollte die marktübliche Höhe der von mir geleisteten Arbeit entsprechen Ein Abschlag dafür ist dann möglich wenn es danach „Erleichterungen/Belohnungen“ für diejenigen gibt die diesen Dienst leisten. Hier sollte jedoch auch die soziale/finanzielle Lage berücksichtigt werden, d.h. habe ich bzw. meine Eltern wenn sie noch unterhaltspflichtig sind mehr Geld bekomme ich weniger.
  • Belohnungen/Erleichterungen nach geleistetem Jahr: Das könnte z.B. Dinge sein wie ein garantierter Ausbildungs/Studienplatz, Zugang zu höheren Stipendien, Steuererleichterungen, schnellere  Verleihung der Staatsbürgerschaft, staatlicher Zuschuss zu einem Sabattical.

Unter den Voraussetzungen werden ganz schnell genügend soziale Dienstleistungen zur Verfügung stehen – ganz ohne zwangsverpflichtete Zivildiener

Ja aber wer zahlt dann das Ganze?

Auch wieder einfach – wir alle.

Ja, soziale Dienstleistungen kosten Geld. Baudienstleistungen kosten auch Geld, aber niemand kommt auf die Idee einen verpflichtenden Baudienst einzuführen (zumindest nicht in modernen Demokratien)  um sich das zu sparen.

Ja mag sein dass hier wieder Sozialbeiträge höher werden müssen – vielleicht müssen die bereits gezahlten nur effektiver verwendet werden. Vielleicht werden auch alle die niemals ein Soziales Jahr leisten werden bzw. sich niemals im Katastrophenschutz engagieren eine eigene Sozialsteuer zahlen.

Möglichkeiten gibt es viele – nur ehrlich müssen wir zu uns sein – wollen wir was, dann müssen wir was tun bzw. dafür zahlen. Das wär dann doch mal eine wirklich sinnvolle Fragenstellung für eine Volksbefragung.

Zu dem Thema haben sich auch zwei Blog-Kollegen was überlegt und etwas niedergeschrieben – „Freiwillig sozial“und „Bundesheer oder nicht? Gute Frage. Antworten gibt’s hier aber keine.“

(Artikelbild source/copyright: tbee)

Written by Manuel

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